Wittstock! Der legendäre Dokumentarfilm-Zyklus

Ein erklärtes Ziel der staatlich finanzierten Kulturarbeit im „Arbeiter- und Bauernstaat“ DDR war es, Arbeiterinnen und Arbeiter ins rechte (Film-)Bild zu setzen, sie zu besingen oder literarisch zu verewigen. So, wie Volker Koepp ab 1974 die Textilarbeiterinnen des VEB Obertrikotagenbetrieb „Ernst Lück“ porträtierte, hatte es sich die Staatspartei SED allerdings nicht vorgestellt: Von Anfang an und vor laufender Kamera kritisierten die Frauen die Produktionsverhältnisse in ihrem Betrieb. Dennoch überzeugte Koepp die jeweilige Betriebsleitung immer wieder neu, die Dreharbeiten zuzulassen, und so ist die Kamera auch noch dabei, als die Frauen zu resignieren beginnen, weil auch nach zehn Jahren das Experiment einer Fabrik auf der grünen Wiese nicht rund läuft. Gleichwohl hatte der Betrieb nahe der Kleinstadt Wittstock/Dosse im Nordwesten von Brandenburg gegen Ende der DDR fast 3.000 (überwiegend weibliche) Beschäftigte. Elsbeth, genannt Stupsi (geb. 1956), wird nach ihrer Lehrzeit Qualitätskontrolleurin, bis sie nach der Wende entlassen wird. Facharbeiterin und SED-Genossin Edith, kaum älter als Stupsi, arbeitet sich zur Obermeisterin hoch, bis sie im September 1989 aus der Partei austritt und für Veränderungen demonstriert. Renate (geb.1941 in Breslau) kommt als erfahrene Fachkraft aus dem sächsischen Zwickau in die neue Fabrik, ihre quirlige Art fällt unter den eher ruhigen Märkerinnen auf. Sie beginnt als Schichtleiterin und wird zur Chefin der Konstruktionsabteilung. 1991 verlieren auch sie und Edith ihre Arbeit im „OTB“. Mehr als 20 Jahre und über das Ende der DDR hinaus begleitete Volker Koepp die Arbeiterinnen mit der Kamera. So entstand ein unschätzbares historisches Filmdokument.
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